Der Weg ist das Ziel: Pferdehaltung auf dem Paddock Trail

Pferde leben in Boxen. Das war lange Zeit Standard. Und auch wenn sich mittlerweile der Offenstall zumindest in Teilen der Pferdewelt etabliert hat, ist damit das Optimum in Sachen Haltung längst nicht erreicht. Einen Großteil des Tages stehen die Vierbeiner im Stall oder auf dem Auslauf. In der freien Natur hingegen bewegen sie sich über viele Stunden hinweg und wandern durch abwechslungsreiches Gelände von Futterplatz zu Futterplatz oder auch zur Wasserstelle. Das Konzept des Paddock Trail versucht den natürlichen Lebensraum im Kleinformat abzubilden – und bringt so Pferde in Bewegung.

Ein Offenstall mit befestigtem Paddock an sich bietet Pferden nichts Aufregendes: Heuraufe, Wasserstelle und Gesellschaft von Artgenossen.  Zusätzliche Koppelflächen erweitern das Platzangebot und locken mit köstlichem Gras. Meist sind diese jedoch nicht ganzjährig nutzbar und halten je nach Jahreszeit und Witterung Gefahren wie Hufrehe und Co. bereit. Ein Paddocktrail hingegen verbindet die Vorteile artgerechter Gruppenhaltung mit jeder Menge Raum für Bewegung auf grasarmen Böden und sorgt zusätzlich mit Gestaltungselementen für Motivation und Abwechslung.

Lernen durch Beobachten

Die Grundidee basiert auf den Beobachtungen des ehemaligen Hufschmiedes Jamie Jackson: Nach über 20 Jahren Forschung in den Wildpferdereservaten Nordamerikas kam er zu Erkenntnissen über die Bedingungen einer möglichst artgerechten Pferdehaltung, die er 2006 im Buch „Paddock Paradise“ veröffentlichte. Ein grundlegendes Argument aus Sicht des Hufspezialisten waren allen voran natürlich die gesunden, robusten Hufe der Wildpferde. Kein Wunder: Die Tiere legen etwa 15 bis 30 Kilometer am Tag zurück und das auf immer gleichen Wegen in ihrem Territorium – den sogenannten Trails.

Sie folgen ihren täglichen Gewohnheiten, passieren unterschiedlichste Böden und fressen 16 bis 18 Stunden kontinuierlich kleine Mengen Futter. Lediglich fünf Prozent der Zeit verbringen sie mit Spielen, Rangkämpfen, Fortpflanzung und ähnlichem. Wie wichtig das Wandern offenbar für die Gesunderhaltung der Vierbeiner ist, liegt auf der Hand.

Weite Wege, kleine Flächen

Da die meisten unserer Flächen im Rahmen der Pferdehaltung nicht mit den Dimensionen der nordamerikanischen Wildnis mithalten können, projiziert das Konzept des Paddock Trail die natürlichen Rahmenbedingungen auf künstlich angelegte Wegenetze. Um möglichst lange Strecken für die Fortbewegung zu ermöglichen, führen diese meist im Kreis, ergänzt durch Alternativwege oder mögliche Abkürzungen. Um die „Wanderschaft“ in Gang zu setzen, gibt es verschiedene Futterstationen auf den Trails: Angefangen mit Raufen, einzeln platzierten Netzen bis hin zu kleinen auf dem Weg verteilten Heu-Haufen – die Herdendynamik sorgt für den Rest. Zusätzlich bieten Salzstationen, Knabberäste und nicht zuletzt eine strategisch klug platzierte Wasserstelle Bewegungsanreize. Für Abwechslung und gesunde Hufe sorgen wechselnde Untergründe, Wasserfurten, Wurzelwege und Kletterhügel.

Die Trails auf dem Birkenhof Wölling

Bei uns am Hof haben für zwei Offenstallgruppen Trail-Konzepte umgesetzt. Für unsere Zuchtpferde mit Fohlen haben wir eine Lösung mit Naturboden, Flusssteinen, Hügel, Wurzelweg und Bachdurchgang. Der Trail hat etwa 450 Meter Länge und ist für 6 bis 8 Pferde angelegt. Darüber hinaus bietet der Freizeitstall eine zusätzliche Anlage für 12 Einsteller mit teilweise befestigtem Boden. Mit dem neuen Sommertrail, den wir 2016 fertigstellen, steht den Pferden ein Wegenetz mit über einem Kilometer Länge zur Verfügung.

Welche Details das Wegenetz der Pferde künftig ergänzen werden, wird sich zeigen. Denn so wie der Weg beim Paddock Trail das Ziel ist, werden wir wohl  auch mit der Gestaltung nie ganz fertig… 🙂